3. Netzwerktreffen: Was ist günstiger?

Was ist günstiger? Prävention oder Räumung – Gehen oder Bleiben?

Kreuztal. Heiße Köpfe reden sich Interessenvertreter, wenn es darum geht, Armut zu beziffern. Wie viele Obdachlose gibt es eigentlich in Deutschland? Fakt ist wohl, dass es mehr werden. Insbesondere in unteren Einkommensschichten und bei den jüngeren Personen. Manchmal beginnt die Misere, wenn das Geld für Strom und Heizung fehlt und eine Räumung in der Luft liegt. Kalte Füße bekommen nämlich rund 354.000 Menschen in Wohnungsnot, die nach einer Schätzung der BAG entweder auf der Straße leben oder direkt von Wohnungsnot bedroht sind. Nicht Konfrontation sondern Konsens treibt das Projekt DazuGehören (gefördert von MAIS und Jobcenter ) der Alternative Lebensräume GmbH an, das ein Netzwerk der sozialen Hilfeanbieter im ländlichen Raum von Kreuztal und Hilchenbach ins Leben gerufen hat. Zum dritten Mal trafen sich in Kreuztal Vertreter der großen Wohnungsbaugenossenschaften, Vertreter der Stadt und des Jobcenters sowie soziale Träger der Region und erörterten die Fragestellung: Was ist günstiger? Gehen oder bleiben – gemeint waren damit Menschen, die von Wohnungsnot betroffen sind und denen eine Räumungsklage ins Haus steht. Eingeladen hatte das DazuGehören Team, bestehend aus Susanne Engel, Malina Schneider und Sinje Beck, dazu Diana Brixius von der Fachstelle für Wohnungsnot der Stadt Siegen. DazuGehören berät und begleitet vornehmlich Frauen in Wohnungsnot und ihre Familien und bietet dabei aufsuchende Hilfe, wie auch eine offene Sprechstunde jeden Mittwoch von 9 bis 11 Uhr in Kreuztal. Kontakt ist auch via Telefon oder E-Mail möglich: 02732.5530275 und dazugehoeren@alf-siegen.de, Infos auch unter www.alf-siegen.de.

Die Zahl der real Betroffenen wird statistisch nicht erfasst – genau so schwierig sei es gewesen, so DazuGehören, aussagefähiges und übertragbares Zahlenmaterial für eine wirtschaftliche Betrachtung zu finden. Angeführt wurden mehrere Studien aus unterschiedlichen Bundesländern und Städten, wie Köln oder Augsburg. Der Tenor war immer gleich: Bleiben ist günstiger für die Parteien im Mietrückstandsstreit. So heißt es, dass, je nach Wohnungsgröße, eine Räumung von 2.000 Euro bis zu 12.000 Euro kosten könne, Mietausfall nicht einmal berücksichtigt und Folgekosten durch Verschuldung des Mieters nicht mit eingerechnet. Diese Zahlen wurden auch in etwa von Reinhard Stahlschmidt (WBG) und Heinrich Gerhards (LEG) bestätigt – dabei verfolgen beide Genossenschaften leicht unterschiedliche Strategien. In etwas gleich ist das Verfahren bei Rückstand durch den Mieter. Gemahnt wird dieser, wenn er mit ein oder zwei Mieten im Rückstand sei. Es sei überdies wichtig, wie das gesamte Mietverhältnis bisher abgelaufen sei und ob sich der säumige Mieter offen zeige, denn in fast allen Fällen, sei der Vermieter bestrebt, das Mietverhältnis zu erhalten. Früh genug Bescheid geben, lautet daher der Appell an Mieter, die in Rückstand geraten. In der Fachwelt spricht man davon, dass Prävention sieben Mal günstiger sei, als Räumung. Dies unterstrich auch Diana Brixius, die einen sehr guten Überblick der Arbeit der Wohnungslosenhilfe in Siegen in den vergangenen Jahren darstellte. Von 101 Unterkünften für bis zu 300 Personen in 1992 unterhalte die Stadt in 2006 noch zwei Gebäude mit 10 Wohneinheiten, davon zwei Wohnungen mit kompletter Möblierung. Denn das Vorhalten von Wohnraum sei sehr pflege- und kostenintensiv, zusätzlich seien Bewohner bestimmter Adressen (damals beispielsweise die Fludersbach) stigmatisiert. Die Fachstelle für Wohnungsnotfälle Siegen kooperiert mit sozialen Trägern vor Ort, die Menschen in akuter Wohnungsnot auffangen und begleiten, das kann stationär sein oder auch dezentral. Hinzu kommen umfangreiche Beratungsangebote, wie beispielsweise die Schuldenberatung. Insgesamt, so auch die Studien zum Thema der Prävention, helfe es vor Ort, wenn die Anbieter sozialer Dienstleister sich gut vernetzten und gemeinsam an einer Verbesserung der Lebenssituation von Menschen in Wohnungsnotlagen arbeiten. Dies geschieht aktuell im Rahmen des Projektes DazuGehören, wo sich die Akteure treffen, um die örtliche Situation zu erläutern, Angebote zu sammeln und zu publizieren sowie mit Blick in die Zukunft mögliche Potenziale zu erkennen, um Menschen in Wohnungsnotfällen Hilfestellung zu geben und solche Notfälle möglichst  durch präventive Maßnahmen zu vermeiden.

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